Der Janker

Vor vielen Jahren, also vor richtig vielen Jahren (vielleicht 30?) hat meine Mutter meinem Vater einen Janker gestrickt. Mein Vater war 187 cm – der Janker wurde also eher groß und es steckte viel Arbeit drin.

Viel Arbeit. Viel Wolle. Viel Liebe. Meine Schwester behauptet, nur deshalb habe mein Vater ihn getragen 😉.

Ob das stimmt? Ich kann ihn nicht mehr fragen. Er ist vor dreieinhalb Jahren gestorben. Und seither hing der Janker in seinem Kleiderschrank.

Zeit genug für die Motten, um ihn zu finden – zum Glück zu wenig Zeit, um ihn zu vernichten. Meine Mutter wollte ihn trotzdem wegwerfen, vielleicht hat sie das aber auch nur gesagt in der Gewissheit, dass ich das nicht zulassen würde.

Habe ich auch nicht. Statt dessen habe ich ihn mit nach Berlin genommen, gewaschen und dann erst mal so gezogen und gespannt, dass er dem Mann passt (der ist 2 Meter groß). Danach habe ich die Mottenlöcher gestopft. Mit Originalgarn! Das fasziniert mich am meisten, denn auch das fand sich noch im Haus meiner Eltern.

Da, wo Löcher waren, habe ich die Maschen mit der Wolle “nachgezeichnet”, das ging ganz einfach und in der gewalkten Jacke fällt es kaum auf. Mottenlöcher entlang der Blende waren bißchen komplizierter zu flicken, aber auch die sind unter einer Reihe Kettmaschen nicht mehr sichtbar.

In einer der Taschen war ein kleiner Nagel (so typisch für meinen Vater), den ich leider erst nach der Wäsche entdeckt habe. So war das Reparieren der Tasche am aufwendigstens. Aber auch das ist jetzt erledigt.

Der Mann liebt die Jacke. Und ich liebe es, wenn er sie trägt. Im Herbst wird er dazu hoffentlich oft genug Gelegenheit haben.

Habt Ihr auch handgestrickte Dinge, die jahrzehntelang halten und dann weitergeben werden?