Ab sofort: grau

Das war’s mit Neonfarben und Pink. Leider. Ich schreibe das nicht ohne Bedauern. Über Jahre konnten die Farben nicht grell genug sein. Jetzt nicht mehr. Und auch die Lieblingsfarbe ist nicht mehr pink. Was an Pink noch da war, hat der Teenager in kleinen Schritten aussortiert (oder ist rausgewachsen).

Nach acht Jahren bunt trägt er nun grau. Wahlweise auch schwarz. T-Shirts sind im Idealfall weiß. Oder schwarz. Nie mehr pink.

Ich weiß noch, wie er in der 3. Klasse in rosa Socken in die Schule ging. Er hatte das vorher lange überlegt, wollte gerne und war doch so unsicher. Nachmittags erzählte er mir, dass er noch vor der Schule gezögert habe, aber dann sei alles ganz leicht gewesen. “Ich habe mich gefühlt wie Zulu.” Zulu, zwei Klassen über ihm und König der Grundschule. Keiner war so cool, so lässig, so beliebt wie Zulu. Zulu, der rosa trug.

Habe ich mich je bei Zulu bedankt?

Es blieb nicht bei Socken – in den Jahren danach wurde alles bunt. Je bunter, umso besser. Sportschuhe und T-Shirts, Stifte, der Schulranzen, diverse Hoodies. Der Basketball in grün und pink. Schließlich der Loop.

Der Loop war der Knaller. Nicht nur, weil er dem Sohn so unglaublich gut stand (und heute noch stehen würde) – üppig und weich in einer Kombination aus Merino und Mohair schrie er geradezu danach, getragen zu werden. Und das wurde er: Zu allem. Gefühlt sechs Monate im Jahr und an jedem einzelnen Tag.

Jetzt kann der Loop schreien soviel er will. Es hört ihn niemand. Er ist diesen Winter noch keinmal aus dem Schrank gekommen. Wie gesagt: ich schreibe das mit Bedauern.

Soll ich gucken gehen, was ich noch an weicher, grauer Wolle habe?

Babyblaue Tussah-Seide

Anfang des Jahres haben sich meine Wollvorräte eher zufällig um zwei Stränge handgefärbter babyblauer Tussahseide erweitert. So schön, so weich, dass ich gleich wissen wollte, wie sich das strickt.

Gesagt, getan und binnen einer Woche – Samstag auf Samstag – war ein babyblaues Tuch gestrickt. Ein Strang von der Spitze zur Mitte, der andere von der Mitte in die Spitze, 5er Nadeln, keine Anleitung und immermal Umschläge in der zweiten Hälfte als glatt rechts anfing mich zu langweilen.

Mit jeder Reihe wurde das Gestrick weicher, fast wollig,  erst nach dem Baden bekam es diese typische Seiden-Haptik – sowas Glattes, Trockenes; das, was nur Seide hat – und ein perfektes Maschenbild.

Die Stränge waren handgefärbt – das hat mich letztlich gerettet. Der eine wog 93gr., der andere 96gr. Ich bin sicher (sehr sicher!), dass ich mit dem kleineren angefangen habe, aber vielleicht stimmt das auch nicht. Denn am Ende hat’s nicht gereicht. Klassischer “yarn chicken game fail” …

Für die, die es nicht kennen: vom yarn chicken game (da gibt es kein deutsches Wort für. Oder doch?) spricht man, wenn während des Strickens klar wird, dass die Wolle wahrscheinlich nicht fürs geplante Projekt reicht. Oder sagen wir, dass es eng werden könnte. Manche beginnen dann zu rechnen, andere passen umgehend die Anleitung an, wieder andere stricken einfach nur schneller …

Ich gehöre zu letzteren. Hat mir aber nicht geholfen 🙄.

Zum Glück hatte ich ein Knäuel in sehr ähnlichem Blau, was (je nach Licht) fast passend aussieht. Fast …

Von wem ist “it’s not a bug – it’s a feature”? Jetzt ist ein Tuchzipfel eben noch mehr babyblau als der Rest des Tuches. Ich habe es trotzdem heute verschenkt.

Weil ich finde, dass diese Farbe ganz wunderbar zu der Beschenkten passt (auch wenn ich mittlerweile weiß, dass ihre Lieblingsfarbe grün ist).

Ob sie es wirklich mag – das Tuch und den helleren Zipfel – bleibt abzuwarten.

Meine gestreifte Jacke

Vorletzten Winter (oder noch früher? Ich erinnere es nicht) waren Julevotter Adventskalender plötzlich überall in meinen Feeds. 24 kleine Fausthandschuhe mit Zahlen auf einer Seite und Norwegermustern auf der anderen. 24 verschiedene Norwegermuster selbstverständlich. Ihr kennt die Dinger.

Ich glaube, Kathi hat mittlerweile drei gestrickt, Sophia hat jedes Jahr (mindestens) einen an der Wand (noch einen und ich kündige Euch die Freundschaft, Ladies – nur dass ich das mal gesagt habe) und irgendwie hatte ich das Gefühl, ich müßte jetzt auch so einen stricken.

Der Beginn dieses Projektes war gut und erfolgversprechend: ich habe Lettlopi in den schönsten Farben gekauft und in einer großen Tüte nach Hause getragen.

Das Ende dieses Projektes kam plötzlich – gleich nach dem ersten Handschuh. Es hat nicht mal mehr zum Fäden vernähen gereicht – und war wahrscheinlich vorhersehbar: Nadelspiel, geringe Maschenzahl und immer zwei Fäden in den Händen haben mir binnen allerkürzester Zeit gezeigt, wo meine Grenzen sind …

Danach lag Lettlopi in den schönsten Farben (zusammen mit einem kleinen Handschuh) in einer Kiste.

Diesen Sommer (prima Zeit übrigens, um mit skandinavischer Wolle zu stricken 🙄) habe ich die Knäuel dann wieder vorgeholt und eine Strickjacke draus gemacht. Genau so: Impulsstricken (gibt es das Wort?) – ohne Anleitung, ohne Plan, ohne nichts. Angefangen, gestrickt, abgekettet, Fäden vernäht (bis auf einen Gelben; “den vernähe ich auch noch” denke ich jedes Mal, wenn ich die Jacke anziehe).

Sie ist perfekt. Mit jedem Tragen weniger kratzig, in Farben, die mich fröhlich machen, wenn es draußen grau ist und mit großartigen Knöpfen. Nur eins habe ich nicht bedacht: Menschen wie ich, die ihre Jacken immer (immer!) zuknöpfen, sind mit hüftlangen Jacken nicht gut beraten. Das ist entweder zu eng oder die Knöpfe halten nicht. Es ist Murks.

Natürlich könnte ich jetzt die Knöpfe abtrennen, dann die (angestrickte) Knopfblende ribbeln und danach die unteren Ringel der Jacke, schließlich ein neues Bündchen und eine neue Blende stricken und (puh!) die Knöpfe wieder annähen. Aber was würde ich dann mit den Knöpfen machen, die übrig bleiben?

Außerdem würde niemand der Welt schönste, brandneue Gürtelschnalle sehen, die mir meine wunderbare Freundin Bettina zum Geburtstag geschenkt hat – und das wäre so schade!

Also lasse ich das jetzt so, trage die Jacke offen, friere am Bauch und hoffe, dass ich mich irgendwann daran gewöhne 😬.

Der kalte Bauch ist wahrscheinlich die Rache des kleinen Handschuhs. Der liegt hier immer noch und wird auf ewig alleine bleiben.